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Das Meer hat den Zauber aller Dinge
Das Meer hat den Zauber aller Dinge,
die auch nachts nicht zur Ruhe kommen,
die aber unserem unruhigen Dasein
die Möglichkeit des Schlummers geben,
eine Zusage von Ruhe,
welche nichts zerstören kann und wird,
so wie die Nachtlampe für die Kleinen,
die sich weniger einsam fühlen,
wenn sie leuchtet.
Marcel Proust

Meeresleuchten
Aus des Meeres dunklen Tiefen
Stieg die Venus still empor,
Als die Nachtigallen riefen
In dem Hain, den sie erkor.

Und zum Spiegel, voll Verlangen,
Glätteten die Wogen sich,
Um ihr Bild noch aufzufangen,
Da sie selbst auf ewig wich.

Lächelnd gönnte sie dem feuchten
Element den letzten Blick,
Davon blieb dem Meer sein Leuchten
Bis auf diesen Tag zurück.
Friedrich Hebbel

Ewiges Meer
Und Tag und Nacht und Nacht und Tag,
und immer rauscht der Wellenschlag.
Und immer wirft mit ewiger Hand
Das Meer die Wellen an den Strand.
Und Well’ um Welle brandet, bricht-
Einst stand mein Haus am Strand noch nicht.
Einst wird es nicht am Strand mehr stehn.
Nur Wind und Wellen werden gehn.
Nicht Weib, nicht Kind, nicht Kindeskind,
nur Sand und See und See und Wind.
Nicht eine Spur von Menschenhand,
nur Sand und See und See und Sand.
Nur Zeit und Zeit und wieder Zeit.
- und wissen doch um Ewigkeit.
Hermann Claudius

Seemärchen
Und als die Nixe den Fischer gefasst,
Da machte sie sich abseiten;
Sie schwamm hinaus mit lüsterner Hast,
Hinaus in die nächtlichen Weiten.

Sie schwamm in gewaltigen Kreisen herum,
Bald oben, bald tief im Grunde,
Sie wälzt mit den Armen sich um und um
Und küsst ihm das Rot vom Munde.

Drei Tage hatte sie Zeitvertreib
Mit ihm in den Meeresweiten,
Am vierten ließ sie den toten Leib
Aus ihren Armen gleiten.

Da schoß sie empor an das sonnige Licht
Und schaute hinüber zum Lande;
Sie schminkte mit Purpur das weiße Gesicht
Und nahte sich singend dem Strande.
Gottfried Keller

Der Gesang des Meeres
Wolken, meine Kinder, wandern gehen
Wollt ihr? Fahret wohl! Auf Wiedersehen!
Eure wandellustigen Gestalten
Kann ich nicht in Mutterbanden halten.

Ihr langweilet euch auf meinen Wogen,
Dort die Erde hat euch angezogen:
Küsten, Klippen und des Leuchtturms Feuer!
Ziehet, Kinder! Geht auf Abenteuer!

Segelt, kühne Schiffer, in den Lüften!
Sucht die Gipfel! Ruhet über Klüften!
Brauet Stürme! Blitzet! Liefert Schlachten!
Traget glühnden Kampfes Purpurtrachten!

Rauscht im Regen! Murmelt in den Quellen!
Füllt die Brunnen! Rieselt in den Wellen!
Braust in Stürmen durch die Lande nieder –
Kommet, meine Kinder, kommet wieder!
Conrad Ferdinand Meyer

Möwenlied
Die Möwen sehen alle aus,
als ob sie Emma hießen.
Sie tragen einen weißen Flaus
und sind mit Schrot zu schießen.

Ich schieße keine Möwe tot,
ich laß sie lieber leben -
und füttre sie mit Roggenbrot
und rötlichen Zibeben.

O Mensch, du wirst nie nebenbei
der Möwe Flug erreichen.
Wofern du Emma heißest, sei
zufrieden, ihr zu gleichen.
Christian Morgenstern

Das Meer ist schöner noch
Das Meer ist schöner noch
als Kathedralen;
nährt es uns treulich doch,
sänftigt die Qualen.
Und drüber leuchtet fern:

Maria, Meeres Stern.
Es kennt die Gaben all,
dunkle und helle.
Ich hör den milden Schall,
den Zorn der Welle.
Seine Unendlichkeit
ist gnädig und bereit.

O! so voll sanfter Huld
auch noch im Toben!
Wie eines Freunds Geduld
rauscht es erhoben:
„Ihr, die ihr trostlos seid,
sterbet hier ohne Leid!“

Und unter Himmeln, schau,
die in ihm aufblühn,
hat es ein sanftes Blau,
ein Grau, ein Rot und Grün.
Schöner als alles hier,
besser als wir!
Paul Verlaine

 

Wir danken dem Delius Klasing Verlag für die Erlaubnis,
einige Gedichte aus seinem Band "Die schönsten Seegedichte", Edition Maritim, abdrucken zu dürfen.
Das Buch liegt in der Wohnung
zur Einstimmung auf den Seeurlaub aus.
(Für die Lektüre daheim Best.-Nr. ISBN 3-89225-485-0).